Berlinfahrt des 10. Jahrgangs

Am Dienstag, den 22. Juli 2014 fand die wohlmöglich letzte Berlinfahrt unseres Gymnasiums statt. Die aktuellen zehnten Klassen lernten auf dieser Fahrt unter anderem die jüngere deutsche Geschichte kennen und durften einen Gesetzesentwurf im Rahmen eines Planspieles von der Ausarbeitung in Fachgruppen bis in den Bundesrat begleiten.

Um etwa 8:30 Uhr fuhren wir in zwei Reisebussen von der Schule ab. Die erste Rast machten wir etwa eine Stunde später am Grenzübergang Helmstedt-Marienborn, wo uns anschließend eine Führung über das Gelände geboten wurde. Fotograf: Florian ScholdeiDieser Kontrollpunkt wurde am 1. Juli 1945 von den vier alliierten Siegermächten zwischen der britischen und sowjetischen Besatzungszone errichtet. Seine Bedeutung erlangte er dadurch, dass er mit etwa 167 km die kürzeste Verbindung nach West-Berlin darstellte. Als die Spannungen während des Kalten Krieges zunahmen, wurde der Grenzübergang mehr und mehr ausgebaut und die Kontrollmaßnahmen verschärft. Auf dem heutigen Gelände ist nur noch ein Teil der ehemals 35 Hektar großen Grenzübergangsstelle zu finden.

Gegen 11:40 Uhr fuhren wir weiter zum Bongard Hotel in Berlin, wo wir die nächten Tage nächtigten. Um Punkt 14:00 Uhr erreichten wir unser Ziel und bezogen unsere Zimmer. Fotograf: Florian ScholdeiAnschließend ging es mit dem gesamten Jahrgang mit dem Zug in die Westberliner Innenstadt. Dort angekommen besichtigten wir unterteilt in kleineren Gruppen den Bunker unter dem Kurfürstendamm, der noch heute im Ernstfall etwa 3.500 Menschen Schutz bietet, und das Museum „The Story of Berlin“, welches den Besuchern durch 800 Jahre Berliner Geschichte führt. Später durften wir uns dann frei in der Stadt bewegen und shoppen.

Am nächsten Tag erkundeten wir nach dem Frühstück in Form einer Stadtrallye einen weiteren Teil Berlins – es gab wieder viel Freizeit – und am Abend besuchten wir das Musical „Hinter dem Horizont“. Im Anschluss aßen einige zur späten Stunde noch etwas und als wir wieder im Hotel eintrafen fielen wir in unsere Betten.

Am dritten Tag sahen wir Schülerinnen und Schüler wettertechnisch schon am Morgen eine komplett andere Seite Berlins. In der Nacht gab es starke Unwetter und diese hielten natürlich über den gesamten Tag an. Ein guter Grund ein Museum, wie Topographie des Terrors zu besuchen. Obwohl es sich dabei nicht wirklich um ein Museum, sondern um einen historischen Ort handelt. Dort, neben dem Martin-Gropius-Bau und nicht weit entfernt vom Potsdamer Platz, befand sich von 1933 bis 1945 das geheime Staatspolizeiamt der Nationalsozialisten sowie der Sicherheitsdienst der SS und während des Zweiten Weltkriegs auch das Reichssicherheitshauptamt. Neben einem sehr informativen Film lernten wir dort weiteres über die Institutionen des Terrors, die wir bereits im Unterricht behandelten, beginnend mit der nationalsozialistischen Machtübernahme bis hin zum Kriegsende und der Nachkriegszeit.

Anschließend nahmen wir im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft an dem Planspiel zum Tierschutzgesetz teil. Was kann man sich darunter vorstellen? Im GrundeFotograf: Florian Scholdei haben wir einen politischen Entscheidungsprozess nachgespielt. Zuallererst wurden wir in das Thema Tierschutzgesetz mit dem Schwerpunkt auf betäubungslosen operativen Eingriffen an Ferkeln eingeführt. Mit dieser Thematik ist eine Auseinandersetzung mit Aspekten des Tierwohls, der Wirtschaftlichkeit und einigen weiteren Punkten möglich. Anschließend wurde jedem von uns eine Rolle, mit der wir uns anhand eines Textes auseinandersetzen sollten, zugeteilt. Diese Rolle (zum Beispiel Verbraucherzentrale Bundesverband) sollten wir dann innerhalb einer anschließenden Anhörung vertreten. Nach einigen Änderungen an dem Gesetzesentwurf mussten die Ergebnisse innerhalb einer ebenfalls sehr professionellen, aber leider fiktiven Pressekonferenz vorgestellt werden. Gegen viertel nach eins war das Planspiel leider beendet und meine Gruppe machte eine kleine Stadtrundfahrt. Diese endete am Alexanderplatz, wo wir uns eine Stunde bei Galeria Kaufhof, im Primark, Saturn oder auch irgendwo anders aufhielten, um Souvenirs oder eine Kleinigkeit für uns selbst zu besorgen.

Danach durften wir uns zwischen Neues Museum, Altes Museum und einem weiteren Museum auf der Museumsinsel entscheiden, welches wir besuchen wollten. Ich entschied mich für das Alte Museum und muss ganz ehrlich zugeben, dass das so Garnichts für mich war. Ich befasste mich mit der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin und bemerkte so ganz nebenbei, dass das Gebäude selber irgendwie interessanter war als die Sammlung selbst. Aber das lass ich mal lieber keinen hören… Das Gebäude wurde übrigens 1825 bis 1830 von Karl Friedrich Schinkel im Stil des Klassizismus errichtet und befindet sich heute in der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Nach diesem Besuch hatten wir ebenfalls die Möglichkeit in kleineren Gruppen Berlin unsicher zu machen. Nur doof, dass meine Gruppe keine Fahrkarte hatte und wir uns um 20:00 Uhr vor dem Bundestag treffen sollten. Da wir es nicht einsahen eine Fahrkarte zu kaufen und auch sonst lieber zu Fuß unterwegs waren, unternahmen wir einen kleinen Fußmarsch und schossen auf dem Weg einige Fotos. Wir machten einen kleinen Abstecher durch den Spreebogenpark und besuchten den Hauptbahnhof.

Fotograf: Florian ScholdeiDann endlich besichtigten wir das Paul-Löbe-Haus, welches die Ausschüsse des Bundestages beherbergt. Es liegt wenige Meter vom Reichstagsgebäude entfernt und wurde nach dem letzten demokratischen Reichstagspräsidenten der Weimarer Republik benannt. Anders als bei den anderen Reichstagsgebäuden musste man sich bei dem Bau dieses achtgeschossigen Neubaus nicht an Vorgaben der Geschichte halten. In dem Gebäude sind 1000 Büros und einige Sitzungssäle für Abgeordnete und Ausschuss-Sekretariate untergebracht. Wir nahmen an einer kleinen Führung durch das Gebäude teil und benutzten anschließend einen Tunnel um im Reichstagsgebäude (genauer im Plenarsaal) alles über den Saal, die Kuppel, die Sitzordnung und die Einkünfte der Abgeordneten zu erfahren. Nebenbei wurden noch die im Unterricht behandelten Themen Gesetzgebung, Demokratie und Parteien wieder aufgegriffen. Am Ende der beiden Führungen gingen wir bei strömendem Regen auf die Dachterrasse des Bundestages und bestaunten den wunderbaren Ausblick über Berlin bei Nacht.

Fotograf: Florian ScholdeiAm letzten Tag wurde es uns je nach Interesse wieder freigestellt, ob wir das Museum am Checkpoint Charlie oder das Stasi Museum besuchen wollten. Ich entschied mich für Letzteres und erfuhr von einer total netten Berlinerin, die uns durch die Ausstellung führte, wie die SED-Führung ihre diktatorische Herrschaft rechtfertigte und die allumfassende Kontrolle der Bevölkerung und die „Erziehung des Neuen Menschen“ vorantrieb. Nicht jeder DDR-Einwohner gab sich dem System aus Belohnung, Bedrohung und Verfolgung hin. Auf diese Bürger wurde dann die Geheimpolizei ansetzten, die die „Feinde des Sozialismus“ ermittelten und „bearbeiteten“.

Einige Stunden später besuchten wir das letzte Verfassungsorgan auf unserer Fahrt. Bei der Führung durch das Preußische Herrenhaus, welches heute eher als Sitz des Bundesrats bekannt ist Fotograf: Florian Scholdeiund eine lange Geschichte hinter sich hat, erfuhren wir, welche Funktionen der Bundesrat in der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes übernimmt. In einem Konferenzraum begleiteten wir unseren Gesetzesentwurf im Rahmen eines weiteren Planspiels durch diese Instanz. Dabei wurden wir in 16 Gruppen eingeteilt und jede Vertrat ein Bundesland. Nachdem alle nach einer Diskussion ihre Stimmen abgegeben hatten, bemerkten wir, dass unser Gesetz in diesem Fall schon durch war. Mir schien es so, als war nicht nur ich verblüfft davon. Aber dann hörten wir wie viele Gesetze der Bundesrat in der gleichen Zeit entschied…

Unser Aufenthalt neigte sich dem Ende zu und wir traten kurz nach fünf die Heimreise an. Zusammengefasst hat mir der Aufenthalt in Berlin sehr viel Spaß bereitet. Das Wetter hat größtenteils sehr gut mitgespielt und die Planung war sehr gut! Ich habe sehr viel erlebt und gelernt und würde es sehr schade finden, wenn der nächste zehnte Jahrgang diese Möglichkeit nicht mehr hätte.

von Florian Scholdei

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