Adventskalender Türchen Nr. 24

Weihnachten im All

Besorgt schwirrte Naquuan zu dem Captain des Raumschiffs „Patera“, um ihr vom merkwürdigen Verhalten ihres neuesten Crewmitglieds zu berichten. „Giifi, ich glaube unser Mensch ist kaputt. Er rennt schon den ganzen Tag umher und sucht irgendwelche Dinge zusammen, die er an seine Sonnenblume hängt“, berichtete das Alien besorgt der fast doppelt so großen Helizon. Verwirrt beugte Giifi sich herunter, um ihrem langjährigen Freund besser zuhören zu können. „Ist das vielleicht so eine Erdangewohnheit oder so?“, fragte sie ratlos. Die Menschen waren erst seit Kurzem in der Weltall-Gesellschaft angekommen, hatten sich aber schnell ausgebreitet und ihren Platz beansprucht. Sie waren fleißig und bettelten schon fast, um außerhalb ihres Planeten arbeiten zu können. So hatte die Crew auch Ezra aufgenommen, nachdem er sie penetrant mehrere Tage lang auf Compita, dem wichtigsten intergalaktischen Hafenschiff, angebettelt hatte, mitgenommen zu werden.

Bisher war es auch keine schlechte Idee gewesen, er war stark, anpassungsfähig und schon nach kurzer Zeit sehr beschützerisch gegenüber seinen neuen Freunden. Auch Giifi hatte ihn recht schnell in Herz geschlossen, obwohl sie das vermutlich nie laut aussprechen würde.

Trotzdem war er nur eine vergleichsweise kurze Zeit dabei und es gab noch viele unerforschte Eigenschaften und Verhaltensweisen zu entdecken.

Vorsichtig lugten beide in den Raum, der dem Menschen zur Verfügung gestellt wurde. Sie konnten sehen, wie er versuchte, mehrere kleine Glühbirnen mit Kabeln zu verbinden, die er an seiner Sonnenblume mit Klebeband befestigt hatte.

Bevor Ezra auf das Raumschiff kam, gab es eigentlich keine Pflanzen auf dem Schiff, da sie auf einigen Planeten Probleme mit der jeweiligen Vegetationsschutzbehörde bekommen könnten, jedoch hatte er darauf bestanden, „ein Stückchen Erde“ mitzunehmen. Des Weiteren gehören Sonnenblumen zu den wenigen Erd-Pflanzen, die in Raumschiffen wachsen können.

Sonny, die Blume, stand eingewickelt in ein Kabel und vollbehängt mit Zeug wie Werkzeug, Stiften, sonstigen Schreibtischutensilien, etwas, was aussah wie eine menschliche Silhouette mit Flügeln auf den Rücken geklatscht, und weiterer selbstgebastelter Dekoration stolz im Raum. Daneben saß Ezra und schien irgendetwas in Druckerpapier einzuwickeln. Besorgt sah Naquuan zu Giifi und fragte stumm, wie sie weiter vorgehen sollten. Diese beschloss einfach, in den Raum zu treten und nachzufragen.

Die Sekunde, in der Ezra die Helizon sah, schmiss er sich förmlich auf ein halbeingepacktes Objekt. „Du darfst noch nicht sehen, was ich mache!“, rief er ihr entgegen. Naquuan schwirrte langsam zu der Topfpflanze, um sie genauer zu betrachten. „Was hast du mit der Blume gemacht?“, fragte er schüchtern.

„Hab so schnell keine Tanne gefunden, da musste ich mit Sonny etwas improvisieren, genau wie mit der Lichterkette und dem anderen Schmuck.“, erklärte der Mensch einfach so nebenbei, während er eine Glühbirne mit noch mehr Klebeband an einem Blatt befestigte. „Aber warum?“, kam als Frage und erst nun schien Ezra seinen Fehler zu bemerken. „Wisst ihr überhaupt, was Weihnachten ist?“, fragte er, was ihm als Antwort nur ein Kopfschütteln bescherte. „Ähh, ok… Also, das ist so ein Fest von den Menschen, bei dem sie ursprünglich die Geburt von Christus feierten. Das ist der Sohn des Christengottes, der aber selber kein Gott ist, aber auch kein richtiger Mensch und ich bin ziemlich schlecht im Erklären. Alles in Allem feiern es aber viele nicht als religiöses Fest, sondern als Fest der Liebe, wo sie sich mit ihrer Familie zusammensetzen, etwas Leckeres essen und sich hinterher am Weihnachtsbaum Geschenke geben, um sich gegenseitig eine Freude zu machen“, beendete er seine Erklärung, „Deshalb dürft ihr noch nicht sehen, was ich hier einpacke. Das bekommt ihr erst nach dem Abendessen.“

Damit schickte er die beiden auch wieder aus seinem Zimmer und schloss die Tür.

Etwas ratlos standen Naquuan und Giifi nun ausgesperrt in ihrem eigenen Raumschiff und beschlossen, ihren Kollegen einfach machen zu lassen.

Interessiert wurde anschließend die leuchtende Topfpflanze bewundert, die in den Aufenthaltsraum getragen wurde und nun den eigentlichen Sitzplatz von Larc blockierte. Wie ein kleines Kind lief Ezra herum, verteilte in Druckpapier eingepackte Geschenke, die alle irgendetwas Selbstgemachtes enthielten wie Kekse oder Dekoration.

Giifi packte vorsichtig ihr kleines Paket aus und betrachtete lächelnd die selbstgebastelte Schneekugel mit einem Miniatur-Naquuan in der Mitte. Sie freute sich wirklich, was sie jedoch noch viel mehr berührte, war die Karte die Ezra ihr geschrieben hatte:

Liebe Giifi,

Ich bin zwar erst seit Kurzem in deiner Crew, aber ich wollte dir danken, wie viel du für mich tust, ohne es vielleicht zu bemerken. Du lehrst mich fast täglich neue Dinge und bist auch immer für mich da, wenn ich dich brauche.

Danke, dass ich bei euch eine Familie gefunden habe.“

Und sie musste sich eingestehen: Auch wenn sie von Weihnachten noch nie etwas gehört hatte, spürte und verstand sie jetzt den Geist der Weihnacht.

Text und Bild von Charlotte Wellnitz

von Gast

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