Herr Mollenhauer im Kreuzverhör

Herr Mollenhauer im Kreuzverhör

Schülerzeitung: Haben Sie sich in der Schule gut eingelebt? Sie sind jetzt ja seit ungefähr einem Jahr hier.

Herr Mollenhauer: Ja, ich habe mich auf jeden Fall gut eingelebt, ich wurde von allen Seiten sehr gut aufgenommen – von Lehrern, von Eltern, von Schülerinnen und Schülern. Der Einstieg wurde mir leicht gemacht; ich musste gleich so in die Arbeit reinstürzen, dass es gar nicht lange gedauert hat, bis ich mich eingelebt hatte, und ich bin hier auf jeden Fall gut angekommen.

 

SZ: Was mögen Sie an dieser Schule besonders?

Herr M: (denkt nach) Was mag ich besonders? Ganz viel. Ich mag die Freundlichkeit der Schüler, das Engagement der Eltern, der Kolleginnen und Kollegen, auch die Diskussions­freudigkeit der Kolleginnen und Kollegen, dass wir Dinge hier umfassend diskutieren und durchsprechen.

Den ländlichen Raum mag ich sowieso auch immer gern, deswegen bin ich unter anderem hierher gekommen, aber vor allem: Das Wichtigste sind die Menschen hier, die sind eben alle sehr nett.

 

SZ: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Lehrer zu werden?

Herr M: Das war bei mir, als ich selber in der elften Klasse war. Ich war in der Kirche in einer Jugendgruppe und bis dahin hatte ich verschiedene Berufswünsche. Irgendwann kam so der Punkt, wo ich dachte: „Was willst du werden? Elfte Klasse. So langsam geht es dem Ende entgegen und ich weiß nicht, was ich werden soll.“

Dann haben wir in der Jugendgruppe darüber gesprochen, was wir werden wollen, und ich sagte, ich wüsste es noch nicht so genau. Da sagte der Jugendgruppenleiter, der auch zufällig ein Lehrer an unserer Schule war: „Bei dir könnte ich mir vorstellen, dass du Lehrer wirst!“  (lacht)

Dann hab ich mir das zu Hause überlegt und dachte: „Ja, Mensch, eigentlich hat er Recht. Ich leite selber Jugendgruppen und mache viel mit Kindern und Jugendlichen. Das macht mir Spaß. Ich hab Latein und Geschichte als Lieblingsfächer, das gefällt mir, dann werde ich einfach Latein- und Geschichtslehrer.“

Und eigentlich war dann von Klasse 11, zweites Halbjahr, an für mich klar, dass ich Geschichte studiere und Lehrer werde.

 

SZ: Das beantwortet auch schon meine Frage nach Ihren Lieblingsfächern…

Herr M: Ja, Geschichte und Latein natürlich, wobei ich auch immer sehr gern Sport gemacht habe, weil ich auch sehr sportlich war und ein bisschen sportlich vielleicht noch bin. Ich hätte mir auch vorstellen können, Religion zu studieren, das war eine Zeitlang auch eine Idee. Aber klar, Geschichte und Latein waren dann immer vorn.

 

SZ: Was muss ein guter Lehrer Ihrer Meinung nach können bzw. bei den Schülern bewirken?

Herr M: Er muss menschlich sein.

 

SZ: Also nicht runterrattern wie ein Computer, meinen Sie das?

Herr M: Ja, aber auch einfach den Kindern zugewandt sein, gerne mit den Kindern arbeiten, Spaß an der ganzen Sache haben. Er muss menschenfreundlich sein und nicht so ein Miese­peter, der nur seinen Stoff im Kopf hat und den durchpowern will und denkt: „Die dummen Schüler sollen gefälligst erst mal lernen!“ oder so. Sondern zugewandt und menschlich mit allen Beteiligten umgehen, das, finde ich, ist das Wichtigste.

 

SZ: Ist es schwierig, es immer allen Recht zu machen? Es gibt doch bestimmt verschiedene Meinungen, wie dieses oder jenes gemacht werden soll.

Herr M: Ja, das ist mit Sicherheit eines meiner größten Probleme, dass ich es gerne allen immer Recht machen will, und dass ich es in diesem Posten aber einfach nicht allen Recht machen kann.

Da muss ich teilweise auch noch ein bisschen lernen, glaub ich. Lernen damit umzugehen, dass ich auch mal Entscheidungen treffen muss, mit denen nicht alle einverstanden sind.

Einerseits ist ja auch gut, dass ich nicht einer bin, der sagt: „Ist mir doch egal, wie die darauf reagieren!“ Ich finde, dann wäre ich auch nicht der, der ich bin. Aber andererseits muss ich mich eben daran gewöhnen, dass ich auch mal Schülern oder Eltern oder Kollegen auf die Füße treten und sagen muss: „So, und anders geht es nicht!“

 

SZ: Wie waren Sie als Schüler? Was waren Sie für ein Typ?

Herr M: Ich war eigentlich immer so einer der Braven und Ordentlichen, würde ich sagen. Ich war kein Rebell in meiner Jugendzeit, der auf die Barrikaden gegangen ist, sondern ich hab meine Arbeit gemacht.

Allerdings war Schule für mich nicht das Wichtigste. Ich hatte das Glück, dass ich immer ganz gut in der Schule war und es mir relativ leicht fiel, sodass ich auch ganz viele Freizeit-aktivitäten hatte. Vormittags war Schule, aber nachmittags war dann auch was anderes. Ganztags gab es damals ja auch noch gar nicht und nachmittags hatte ich dann andere Interessen.

Was ich in der Schule machen musste, habe ich gemacht, und ich denke, weitgehend ordentlich gemacht – außer vielleicht Mappenführung oder so was. (lacht) Meine Mappen sahen nicht immer so aus, wie sie aussehen sollten. Da habe ich nie eine Eins darauf gekriegt.

Aber mir waren eben auch andere Dinge neben der Schule wichtig.

 

SZ: Sie sind ja Geschichtslehrer: Wenn Sie in der Zeit zurückreisen könnten, was hätten Sie geändert?

Herr M: (zögert) Wenn man immer diese Wenn-dann-Ketten sieht, würde ich wahrscheinlich sagen: Geändert hätte ich gar nichts. Natürlich hätte man gerne, dass so eine Zeit wie der Nationalsozialismus nie passiert wäre. Aber wenn sie nicht passiert wäre, würde die Welt jetzt ganz anders aussehen und wir wären vielleicht gar nicht auf der Welt. Meine Mutter kommt aus dem Osten, war ein Flüchtlingskind und meine Eltern hätten sich gar nicht kennengelernt, wenn es den Krieg nicht gegeben hätte. Also insofern – aus rein egoistischen Motiven – würde ich sagen, ich würde nichts ändern. Ich würde gerne die eine oder andere Epoche sehen, aber ändern würde ich nichts.

Wenn man es rein vom moralischen Standpunkt aus betrachtet, dann müsste man natürlich sagen, ich würde z.B. gern ändern, dass einer wie Adolf Hitler an die Macht gekommen ist. Oder ich würde ändern wollen, dass die römische Republik untergegangen ist. Also so Sachen, die zu Diktatur, Gewalt und Unterdrückung geführt haben, die würde ich natürlich gern verändern.

 

SZ: Für welche Geschichtsepoche interessieren Sie sich am meisten?

Herr M: Das sind eigentlich drei Bereiche, die mich immer besonders interessiert haben: die römische Geschichte (als Lateinlehrer naheliegend) und die Zeit der deutschen Geschichte im zwanzigsten Jahrhundert, also Weimarer Republik und Nationalsozialismus, aber auch die DDR-Geschichte und die Wende-Zeit. Und seit dem Studium ist es drittens auch das Hochmittelalter, das in der Schule kaum vorkommt, was ich total spannend finde. Das habe ich im Studium ausführlicher kennengelernt und das war da meine Lieblingsepoche.

 

SZ: Haben Sie ein Lebensmotto?

Herr M: Lebensmotto … (sinniert)Also eigentlich ein Motto, das ich nie umsetzen kann, aber als Spruch ganz gut finde: „Über zwei Dinge soll man sich nicht ärgern – über Dinge, die man ändern kann, und über Dinge, die man nicht ändern kann.“ Das fand ich eigentlich immer nicht schlecht. Und das zweite ist: „Wer lächelt, statt zu toben, ist immer der Stärkere!“ Das kann ich zwar nicht immer beherzigen, aber das sind so zwei Sprüche, die ich ganz gut finde.

 

SZ: Was haben Sie abschließend zu den Schülern zu sagen?

Herr M: Bleibt von der Organisation her so engagiert, wie ihr seid! Wenn ich gerade so die Schülervertreter sehe, die sollen so engagiert bleiben. Die haben so tolle Ideen für die Schule!

Lernt ordentlich für die Schule, damit ihr die Ziele auch erreicht, die ihr habt und haben solltet und die auch wir mit euch haben. Aber seht auch: Schule ist nicht alles im Leben, es gibt auch etwas neben der Schule. Und wenn es mal in der Schule schlechter läuft, sollte es nicht das eigene Selbstwertgefühl treffen, sondern es kommt auch da wieder auf das Menschliche an.

Mal eine Fünf in irgendwas ist sicherlich nicht schön, aber es ist auch nicht das Leben insgesamt. Man muss immer bedenken: Es gibt wichtigeres im Leben als die fünf in Latein. Andererseits sollte man trotzdem auch wissen: Es ist schon wichtig, dass ich einen guten Schulabschluss mache, damit ich meine Ziele und Träume auch erreichen kann.

Das steht ein bisschen im Widerspruch, aber letztlich muss man sich in diesem Spannungs­feld bewegen. Einerseits die Schule ernst nehmen und es richtig machen, aber andererseits nicht vergessen, dass es auch neben der Schule noch ein Leben gibt.

 

Vielen Dank, Herr Mollenhauer, dass Sie uns hier Rede und Antwort gestanden und versucht haben, alle Fragen so ausführlich wie möglich zu beantworten.

 

Das Interview führte Annika Demuth.

von Annika Demuth

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